Natur & Landschaft

Ein enges Netz naturnaher Bäche, tief eingeschnittene Kerbtäler, große Reliefunterschiede und stark wechselnde geologische Untergründe prägen den Naturraum des Lahn-Dill-Berglandes. Sie bilden den Lebensraum für eine sehr vielgestaltige Vegetation, für viele seltene Pflanzen und eine atemberaubende Vielfalt an Tierarten.

So wachsen im Naturpark Lahn-Dill-Bergland auf mageren Ackerstandorten beispielsweise vom Aussterben bedrohte Ackerwildkrautgesellschaften. 56 % der Gesamtfläche des Lahn-Dill-Berglandes entfallen auf Laub- und Nadelwald (wovon der Anteil privaten Kleinwaldes der höchste in ganz Hessen ist). Grünland, das vor allem in den westlichen Teilen des Naturparks Lahn-Dill-Bergland vorkommt, nimmt 22 % der Gesamtfläche ein. Und nur 16 % der Fläche werden als Ackerland genutzt.

  • Land- und Forstwirtschaft

    Aufgrund eines Reichtums an Erzen und anderen Bodenschätzen wurde das Lahn-Dill-Bergland schon sehr früh besiedelt. Infolge von Eisenerzgewinnung und Verhüttung (Köhlerei) entstanden Rodungsinseln in dem ausgedehnten Waldgebiet. Kulturhistorisch bemerkenswert ist die heute noch genossenschaftlich organisierte Haubergswirtschaft auf Waldboden, bei der Parzellen mit Eichen- und Birkenwald turnusmäßig alle 18 bis 30 Jahre abgeholzt werden. Früher gewann man mit dieser Wirtschaftsweise Holz zur Kohleherstellung, Eichenlohe zum Gerben von Leder, Reisig zum Befeuern der Öfen und Weide- und Agrarfläche in den Jahren, in denen die Bäume noch nicht zu hoch standen. In den letzten 40 bis 50 Jahren kam es aufgrund geringerer Nachfrage allerdings zu einer verstärkten Aufforstung der Hauberge mit Fichtenkulturen.

    Im Lahn-Dill-Bergland findet man heute eine stark ausgeprägte Nebenerwerbslandwirtschaft. Während im hessischen Durchschnitt ca. 70 % aller Landwirte einem Nebenerwerb nachgehen, sind es im Lahn-Dill-Bergland weit über 80 %. Der Grund liegt in der frühen Entwicklung und auch heute noch großen Zahl industrieller Betriebe, die ein außerlandwirtschaftliches Einkommen ermöglichen. In vorhergehenden Jahrhunderten war es der Bergbau, danach die Wanderarbeiterschaft sowie Herstellung und Verkauf von Wollstrümpfen, die den Familien ein konstantes Einkommen bereitstellen konnte. Unterstützt wurde der Trend zur Nebenerwerbslandwirtschaft durch die traditionell vorhandene Realerbteilung, die eine Entstehung haupterwerblicher Landwirtschaft kaum zuließ.

    Dadurch kam es zu einer Bewirtschaftung, die auch in der Neuzeit noch lange ohne großen Betriebsmitteleinsatz oder aufwändige Bodenverbesserungs-Maßnahmen stattfand; man nahm die Dinge quasi, wie sie kamen.

    Trockene, steinige Hügelkuppen, die nicht für den Ackerbau geeignet waren, wurden als Gemeindehutungen genutzt. Das heißt, ein Viehhirte trieb jeden Morgen die Rinder, Schafe und Ziegen des Dorfes aus ihren Ställen auf die Wiesen, wo sie sich den Magen vollschlagen durften. Am Abend wurden sie zurück in den Stall oder auf eine Ackerfläche gebracht, um dort abzukoten und dadurch den Boden zu düngen. Die Viehweiden wurden durch diesen ständigen Nährstoffentzug zu wertvollen Magerrasen mit einer Vielzahl von spezialisierten Tier- und Pflanzenarten.

    Wiesen, die dagegen zu feucht waren, um als Acker genutzt zu werden oder die sogar regelmäßig überflutet wurden, machte man meist zu Mähwiesen. Dort schnitt man ein- oder zweimal im Jahr das hohe Gras und verarbeitete es zu Winterfutter für die Tiere. Auch diese Wiesen magerten dadurch aus und es stellte sich eine mähwiesentypische Flora und Fauna ein.

  • Schutzgebiete

    Um die vielfältige Kultur- und Naturlandschaft des Lahn-Dill-Berglands zu erhalten, wurden auch hier zahlreiche Schutzgebiete ausgewiesen; in FFH- und Vogelschutzgebieten werden Lebensräume für seltene Zielarten wie den Wiesenknopf-Ameisenbläuling, die Bechsteinfledermaus, das Braunkehlchen und die Groppe gesichert, in Landschaftsschutzgebieten werden die landschaftsprägenden Flüsse und Auen vor schädigenden Einflüssen geschützt und in Naturschutzgebieten finden sich ungestörte Biotope als Rückzugsorte für sensible Arten.

    Weil diese Gebiete bei all ihrer Schönheit und Naturnähe auch sehr empfindlich sind, möchten wir Sie bitten, hier mit besonderer Achtsamkeit zu wandern oder radzufahren und die Natur zu genießen ohne sie zu stören.

  • Flora

    Zahlreiche Wälder und weitläufige Wiesen mit einer Vielzahl an Blüten und Heilkräutern bestimmen das eindrucksvolle Landschaftsbild des Naturparks.

    Die Vielfalt der Vegetation reicht dabei von Glatthafer, Pfeifengras und bekannten Kräutern wie Johanniskraut, Frauenmantel und Arnika über selten gewordene, nahezu unbekannte Pflanzen wie Fieberklee, Wollgras und den fünfmännigen Spark zu einem vielfältigen Baumbestand – angefangen bei naturnahen Höhenwäldern mit trockenen Eichen bis zu Niederwaldformen mit Buchen und Erlen. Aber auch selten gewordene Wiesenfarne wie die Mondraute und die Natternzunge und Orchideen wie das kleine Knabenkraut sind im Naturpark Lahn-Dill-Bergland zu finden.

    Eine Besonderheit sind Wacholderheiden bei Dautphe, Simmersbach, Eibach, Dreisbach und Eiershausen, die in den höheren Lagen durch Streuobstwiesen ergänzt werden, welche die Landschaft zusätzlich bereichern. Zudem wurde im Naturpark 2017 das bisher einzige bestätigte Kreuz-Enzian-Vorkommen in Mittelhessen gefunden.

  • Fauna

    Neben dem beeindruckenden Pflanzenreichtum bietet auch die Tierwelt des Naturparks eine einzigartige Vielfalt. In den Buchenwäldern hämmern Schwarzspechte, Rotmilane ziehen über den Baumwipfeln ihre Kreise und dem selten gewordenen Schwarzstorch dienen die weiten Wiesen und Gewässer des Lahn-Dill-Berglandes als Lebensraum.

    Auch nachts ist es lebhaft, wenn in den Wäldern und Steinbrüchen Uhus, Wald-, Rauhfuß- und Sperlingskauze sowie Schleier- und Waldohreulen auf Beutefang gehen. In der Abenddämmerung können zudem Fledermäuse beobachtet werden; rund 15 verschiedene Fledermausarten sind im Naturpark zu finden.

    Außerdem wurde 2018 in einem Wildkatzen-Monitoring festgestellt, dass die scheuen Jäger auch bei uns wieder heimisch sind, ca. 20 Wildkatzen wurden genetisch nachgewiesen.

    Tagsüber bevölkern neben den vielen Vögeln auch Schmetterlinge verschiedenster Art die Wiesen und Waldrandgebiete: Schwalbenschwanz, violetter Waldbläuling, Dukatenfalter, Feurige Perlmuttfalter, heller und dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling und Rundaugen-Mohrenfalter sind im Naturpark Lahn-Dill-Bergland beheimatet. Für ihren Erhalt bei uns ist eine angepasste Bewirtschaftung der Wiesen durch Beweidung oder Mahd notwendig, da diese sonst langsam zu Wald werden würden.

    Ebenfalls auf menschliche Einflüsse angewiesen sind Braunkehlchen und Haselhuhn, zwei selten gewordene Bodenbrüter, die Versteckmöglichkeiten in hohem Gras bzw. im aufwachsenden Hauberg benötigen.

  • Geologie

    Von unterschiedlichen Reliefstrukturen und tief eingeschnittenen Tälern gekennzeichnet, grenzt das Lahn-Dill-Bergland im Südwesten an das Rheinische Schiefergebirge.

    Es besteht im Wesentlichen aus den Naturräumen des Westerwaldes und des Rothaargebirges. Die hier vorzufindenden geologischen Besonderheiten haben die Kulturlandschaft in den letzten Jahrhunderten geprägt. Das zum Westerwald gehörende Gladenbacher Bergland und der hessische Teil des Rothaargebirges setzen sich in erster Linie aus den Gesteinen des Devons und Unterkarbons zusammen. Dazu gehören Diabase, Schiefertone, Grauwacken, Sandsteine und Kalkgesteine.

    Verbunden mit der vulkanischen Tätigkeit konnten auch Eisen- und andere Metallverbindungen nach oben gelangen. Der Untergrund des Lahn-Dill-Berglandes ist ein vielgestaltiges Mosaik der unterschiedlichsten Ausgangsgesteine. Diese Vielgestaltigkeit zeigt sich auch in dem Relief dieser Landschaft, die ein stark wechselndes System aus Kuppen, Becken und Tälern darstellt.

    Das Lahn-Dill-Gebiet gehört zum „Hessischen Synklinorium“, eine Art großräumige Einbuchtung, die durch Faltung und Überschiebung der Erdschichten im Paläozoikum und dadurch hervorgerufene Hebungen, Bruchlinien und Verwerfungen entstand. Die zahlreichen Störungszonen sind u. a. Ursache für die außergewöhnlich große Vielzahl an Erzen und Mineralien, die in der Region zu finden sind. Der Geopark Westerwald-Lahn-Taunus, in dem der Naturpark liegt, lässt die 2500 Jahre alte geologische Geschichte der Region wieder aufleben – erkunden auch Sie die Überreste des früheren Eisenerzbergbaus und der Eisenerzverhüttung.